Warum Recruiter nicht unbedingt Bewerbungen über Social Media erwarten sollten
Immer mehr Recruiter nutzen die Komponente Social Media innerhalb Ihres Medien-Mix, wenn sie Stellenanzeigen online bewerben. Nach 10-14 Tagen, innerhalb des Campaign Management Calls, besprechen wir bei VONQ dann die ersten Ergebnisse der Anzeigenschaltung mit dem Recruiter. Im Gespräch stellen wir dabei immer wieder fest, dass häufig von Social Media Marketing etwas anderes erwartet wird, als es eigentlich innerhalb des Recruitment-Mix sein sollte.
Was sollte der Einsatz von Social Media Marketing für das Recruiting bewirken? Ich denke, die Erwartungshaltung zu den Ergebnissen von Social Media Posts werden vielfach durch die eigene Wahrnehmung von Werbung in den Social Timelines geprägt. Ich spreche hier von Werbemaßnahmen, die ungefähr aussagen: ‘hier ist mein tolles Produkt, kauf es’ und dann soll gemessen werden, wie viel Umsatz durch diesen Social Media Post über Kanälen wie Facebook, Xing, Instagram oder LinkedIn eingenommen wurde – klingt sinnvoll oder? Schließlich ist doch die Relevanz von Social Media Marketing für den Vertrieb sonst überhaupt nicht klar nachvollziehbar. Wofür mache ich denn sonst Werbung?
Kein Wunder, dass viele Recruiter diese Sichtweise auf Social Media Marketing im Recruiting übertragen. Schließlich haben wir doch ein Produkt, was wir bewerben: den Job! Schließlich entscheiden wir uns doch gerade für Werbemaßnahmen auf Social Media, um ein Ziel zu erreichen, die Conversion von ‘relevanter Zielperson’ zu ‘möglicher Bewerber’ zu ‘Bewerber’ (from Suspect to Prospect to Lead). Nein!
Weil die Bewerbung, die Entscheidung für einen Job, ein langwieriger Prozess ist und keine ad-hoc Kaufentscheidung!
Viele Recruiter, die nicht sofort die exakten Ergebnisse und Conversions von Social Media Marketing innerhalb ihrer Recruitment Kampagne sehen, finden es schwer zu verstehen, was nun die Vorteile oder Einflussfaktoren von Social Media auf das Endergebnis, hier die Anzahl eingegangener Bewerbungen pro Kanal oder die schlussendliche Einstellung, waren. Warum ist es gut für das Recruitment, in die Aufmerksamkeit von relevanten Zielpersonen zu investieren, die Unternehmensbekanntheit zu steigern, eine mögliche relevante Zielperson zu einem möglichen Bewerber zu machen, Vertrauen aufzubauen und Interesse zu wecken? Ich glaube, an diesem Punkt kennen Sie die Antwort bereits selber.
Um zu verstehen, warum es an dieser Stelle sogar gut ist, keine Bewerbungen zu erhalten, muss man den Bewerbungsprozess ganzheitlich betrachten.
Sie können eine Unmenge an Geld in die Bewerbung Ihres Jobs auf Facebook stecken. Am Ende bleibt es eine einfache Anzeige, die nichts weiter aussagt als: ‘Bewerben Sie sich auf meinen Job’. Social Media Marketing oder auch Werbung an sich, verspricht eine einfache Beziehung zwischen ‘Ich investiere 1€ und erhalte Menge X an Bewerbungen zurück’. Die harte Wahrheit ist, dass diese Gleichung oft nicht die besten Ergebnisse liefert, wenn man versucht, sie als Abkürzung zu verwenden, anstatt das Bewerben auf einen Job als ganzheitlichen Entscheidungsprozess zu sehen.
Die Entscheidung sich zu bewerben reift langsam.
Wenn sich ein Kandidat auf einen Job bewirbt, passiert das selten aufgrund eines Werbe-Ansporns innerhalb seiner Facebook Timeline (auch wenn es uns Frauen, wenn wir zum Beispiel ein Paar richtig schöne Schuhe sehen, häufig anders ergeht…).
Egal ob Sie Aufmerksamkeit und Interesse für Ihre Vakanz auf Social Media geschaffen haben – die Conversion-Rate wird schlecht sein, wenn Sie es im Nachgang nicht schaffen, eine Beziehung zum Kandidaten aufzubauen, sein Interesse noch zu stärken und Vertrauen zu wecken. Die meisten Bewerbungsprozesse brauchen Zeit zum Reifen. Sie starten grundsätzlich mit Interesse, vielleicht sogar mit konkretem Bedarf nach einem neuen Job. Aber die Entscheidung für oder gegen eine Bewerbung bei Sie wird erst später getroffen, denn:
- der Kandidat kann gerade erst durch Ihre Anzeige gemerkt haben, dass er unzufrieden in seinem Job ist oder Sie als Unternehmen schon immer ganz spannend fand
- er wird Jobangebote miteinander vergleichen, nachdem er Ihres gelesen hat
- er wird sich mehr Informationen zum Unternehmen besorgen
- braucht eine Erinnerung, dass Sie eine interessante Position offen haben
- stärkt sein Vertrauen und Interesse zum Angebot auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen wie kununu.de oder glassdoor.com
- spricht vielleicht mit Freunden oder Bekannten über die Möglichkeit und holt sich Feedback ein
- schaut sich Videos auf YouTube von Ihrem Unternehmen an
- sucht nach Ansatzpunkten auf Ihrer Karriereseite, die seine Entscheidung sich bei Ihnen zu bewerben unterstützen, ihn überzeugen, dass er wirklich gut zu Ihnen passt
Und genau diesen Reifeprozess berücksichtigt ein guter Medien-Mix im Recruitment. Genau deshalb ist Social Media Marketing eine Komponente, die genutzt werden sollte und die sich manchmal so gar nicht nach Erfolg anfühlt, denn Social Media Marketing im Recruitment schaut über den Tellerrand einer einzelnen Vakanz hinaus.
Social Media Marketing ist ein erster Schritt in Richtung ‘Bewerbungen’
Social Media Marketing kann der Anstoß für einen Bewerbungsprozess sein, die Erinnerung an Sie, der Klick, der ein bereits vorliegendes Jobangebot vergleichen will – egal ob Branding, Erinnerung oder das Wecken von Interesse – es ist nur eine Komponente im Medien-Mix, eine Komponente die zu 90% auf der Awareness Stufe, dem Interesse wecken innerhalb Ihrer Zielgruppe beginnt. Ein Klick, der hinterher in der Auswertung Ihres ROI keine Conversion zeigt, der aber dafür gesorgt hat, dass Fred Müller, den Sie gerade als Qualitätsmanager eingestellt haben, sich am Ende über Ihre Karriereseite direkt beworben hat.